Annotation |
Kann man dreißig Jahre einfach so verstreichen lassen - ohne große Veränderung, ohne große Weiterentwicklung? Einfach die Jahre "verleben" - ohne Höhepunkte? Man kann, wie Gerbrand Bakkers Titelheld Helmer beweist. Mitte 50 ist er, Junggeselle, und lebt mit seinem greisen Vater auf einem kleinen Bauernhof irgendwo im niederländischen Nirgendwo. Eines Tages reift in Helmer der Entschluss zur Veränderung. Er packt seinen bettlägerigen Vater und bringt ihn ins Obergeschoss. Legt ihn ins Bett und hofft, der Alte möge möglichst schnell sterben. Er verweigert ihm Arzt- und Nachbarschaftsbesuche, wäscht ihn mit Widerwillen und gibt ihm eher sporadisch zu essen. Doch der Alte ist zäher als gedacht. Währenddessen krempelt Helmer in kleinen Schritten seinen Alltag um. Der Tod des Zwillingsbruders, der Abbruch des Studiums, der widerstrebend getroffene Entschluss, den elterlichen Hof zu übernehmen, hatten ihn vor Jahrzehnten in eine Art Dauer-Lethargie versetzt. Ein Brief der damaligen Beinahe-Schwägerin bringt Helmers Leben noch mehr durcheinander, bittet sie ihn doch, ihren orientierungslosen Sohn für einige Zeit bei sich aufzunehmen. Helmer lässt sich auf das Experiment ein. Drei seltsame Typen, ein Bauernhof, Schafe, Esel, Wasserkanäle. Ein stilles, langsames Buch mit überraschend humorvollen Momenten und einem ruhigen Antihelden. Die Hass-Liebe zum gebrechlichen Vater und das Bedauern über ein nicht gelebtes Leben, vorbei an dem, was für andere normal erscheint, sind die zentralen Themen in diesem Roman. Eindrucksvoll und empfehlenswert. |