Der Geiger : Roman

Borrmann, Mechtild, 2012
Schulbibliothek LIBS
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Medienart Buch
ISBN 978-3-426-19925-1
Verfasser Borrmann, Mechtild Wikipedia
Systematik DR.D - Kriminalroman
Systematik WEB - Importe aus Online-Katalogisierung
Schlagworte Familie, Mord, Moskau, Existenzkampf
Verlag Droemer
Ort München
Jahr 2012
Umfang 298 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Mechtild Borrmann
Annotation Eben erst für ihr Buch „Wer das Schweigen bricht“ mit dem Deutschen Krimipreis 2012 ausgezeichnet, legt die Schriftstellerin Mechtild Borrmann ihren nächsten Roman vor, ein Buch, das sich zwar spannend list wie ein Krimi, doch eindeutig nicht in diese Kategorie gehört.
Der Roman erzählt die Geschichte einer Familie und einer Geige und ist gleichzeitig eine Dokumentation von bis in die Jetztzeit reichenden unterdrückerischen Strukturen in der Sowjetunion bzw. in Russland. Auf verschiedenen Zeitebenen bewegt sich Mechtild Borrmann sehr geschickt, wechselt sie permanent und lässt sozusagen die ferne Vergangenheit und die aktuelle Gegenwart aufeinander zu wachsen. Dem Leser werden damit schrittweise die Zusammenhänge klar, auch wenn er auf die doch überraschende Lösung fast bis zum Ende warten muss.

In der Jetztzeit wird erzählt von Sascha Grenko, einem Russlanddeutschen, der nach einer Knastkarriere vor allem wegen seiner profunden PC-Kenntnisse, die er sich dort erworben hat, bei einer Kölner Detektei Arbeit findet. Eines Tages meldet sich Saschas Schwester Viktoria, die er ewige Zeiten nicht gesehen hat, mit einem Hilferuf. Als er in ihrer Wohnung ankommt, ist sie gerade umgebracht worden. Natürlich gerät er irgendwann selbst in Verdacht, doch das kümmert ihn zunächst wenig.
Er setzt sich mit Unterstützung seines Chefes auf die Spur de Täter. Es ist die alte Geiger seines Großvaters Ilja Grenko, der 1949 in Ungnade fiel und in der sibirischen Zwangsarbeit irgendwann sein Leben lässt, die sich als die Ursache all der rätselhaften Vorgänge in der Gegenwart erweist.
Um diese Geschichte der Geige, einer Stradivari zu erzählen, nutzt Borrmann zwei parallele Erzählebenen. Die eine ist das Schicksal von Ilja Grenko selbst, die zweite das seiner Frau, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vom Geheimdienst in die Verbannung geschickt wird.

Als Anfang der neunziger Jahre Saschas Eltern als Russlanddeutsche ausreisen können in die Bundesrepublik, forschen sie mit Hilfe eines Anwaltes der Geige nach und verunglücken nur kurze später tödlich. All diese bislang unzusammenhängenden Ereignisse beginnt Sascha auf seiner lebensgefährlichen Aufklärungsreise zu verstehen.

„Der Geiger“ ist ein bewegendes und erschütterndes Buch, dem es gelingt, ohne große Effekte das System des russischen Terrors in den Straflagern zu schildern und seine Ausläufer bis in die Gegenwart. Die historischen Fakten sind gut recherchiert und bieten dem Leser gute Informationen über dieses System.

Es ist spannend zu lesen und ganz hervorragend komponiert in den sich aufeinander zu bewegenden Erzählsträngen.
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hasewue


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2

Dienstag, 25. September 2012, 20:03
Moskau im Mai 1948. Der begnadete Geiger Ilja Grenko wird nach einem seiner Konzerte verhaftet und verliert dabei seine Familie und seine kostbare Stradivari, ein Familienerbstück.
Jahre später wird sein Enkel Sascha Grenko, der in Deutschland aufwuchs, mit seiner Vergangenheit und der verschwundenen Geige konfrontiert.
Er ahnt dabei nicht wie tief er und seine Familie in den Kampf um das kostbare Instrument hineingezogen werden.
Ich habe bisher noch relativ wenige Bücher über die UdSSR gelesen. Das Einzige zu dieser Thematik war die Trilogie von Tom Rob Smith, die sich allerdings nur mit der Vergangenheit von Russland zu dieser Zeit beschäftigte.
„Der Geiger“ von Mechtild Borrmann thematisiert die Zeit von 1948 bis zur Gegenwart. Dabei wird abwechselnd pro Kapitel aus der Sicht von Ilja Grenko, seiner Frau Galina, die nach Iljas Verhaftung mit den Kindern in die Verbannung geschickt wird und aus der von Sascha erzählt, der versucht die Vergangenheit seiner Familie aufarbeitet.
Normalerweise bin ich nicht der Fan von allzu vielen Perspektivwechseln, aber hier wird so anschaulich und mitreißend erzählt, dass ich es gar nicht erwarten konnte zu erfahren wie die Geschichte der drei Protagonisten weitergeht.
Zudem werden die Schrecken des damaligen Regimes, dessen Auswirkungen bis zur Gegenwart und die Schmerzen der Opfer mit einer ausgewählten und klaren Sprache sehr realistisch und berührend geschildert.
„Der Geiger“ war für mich nicht nur ein realistisches, bewegendes und einfach gutes Buch, es gibt auch einen sehr guten Einblick in die damalige Zeit und fesselt den Leser von der ersten Seite an.
Das Ende fand ich gut und vor allem passend.

von Cecelia Ahern: The Gift
Andreas Franz: Der Jäger
E. L. James: Fifty Shades of Grey
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antjemue

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3

Donnerstag, 4. Oktober 2012, 16:01
Aufwühlend, weil es das so wirklich gab

Ich lese für mein Leben gern. Oft entspanne ich mich mit Geschichten, die mit der Realität sehr wenig zu tun haben. Hin und wieder reizen mich aber auch Romane, die durchaus einen Bezug zu meiner Realität haben, auch wenn sie alles widerlegen, was mir jahrelang in der Schule von den Geschichtslehrern erzählt wurde.

Die Kurzbeschreibung des bei Amazon Vine angebotenen Romans der deutschen Kriminalautorin Mechtild Borrmann reizte mich. Die Autorin selbst war mir bislang unbekannt. Dabei wurde die 1960 in Köln geborene Schriftstellerin, die schon mehrere Romane und Kurzgeschichten veröffentlichte, erst in diesem Jahr für ihr 2011 erschienenes Buch „Wer das Schweigen bricht“ mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet. Ich war gespannt.

Der Geiger

Moskau 1948. Der russische Geiger Ilja Grenko und seine Stradivari verschwinden nach einem Konzert am Tschaikowsky-Konservatorium spurlos. Offiziell wird behauptet, dass er von einer Tournee aus Wien nicht zurückgekehrt und damit ein Verräter ist. Seine Frau Galina und die Söhne Pavel und Ossip werden nach Sibirien verbannt.

Köln 2008. Sascha Grenko ist Informatiker und hat nach einer bewegten Jugend seinen Lebensweg gefunden. Eines Tages wird er überraschend von seiner Schwester, von der er als Kind getrennt wurde, kontaktiert. Als er dann wenig später ihren gewaltsamen Tod mit ansehen muss und selbst in die Bredouille gerät, macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit…

Eine Reise in die Vergangenheit

Viel zu schnell hatte ich diesen ergreifenden Roman ausgelesen. Die Autorin erzählt die packende Geschichte einer Familie, die aufgrund eines fürchterlichen Systemverbrechens zerbrach. Dabei bedient sie sich einer angenehmen Sprache und eines einfachen, aber sehr bildhaften Schreibstils.

Das Buch läs 1464 st sich durchweg flüssig lesen. Der Aufbau mit den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten ermöglichte mir als Leserin ständig einen Informationsvorsprung, der die Spannung anheizte. Obwohl nur die ersten beiden Kapitel Ort und Zeit, bzw. nur die Zeit in der Überschrift haben, fiel es mir absolut nicht schwer, die Zeit dann selbstständig zu dem jeweiligen Kapitel zuzuordnen.

Schlimm empfand ich, dass die Gründe für das schwere Schicksal der Protogonisten, die am Ende natürlich aufgeklärt wurden, fast banal waren, sich aber wie ein roter Faden bis in die Jetztzeit wanden. Noch schlimmer allerdings, dass diese Dinge im sogenannten Sozialismus tatsächlich möglich waren.

Ich selbst bin in der DDR aufgewachsen. Die Sowjetunion war der „Große Bruder“, bei dem, laut unserem Geschichtsunterricht, alles noch besser und schöner und härter erkämpft war als in der DDR. Die Stalin-Ära wurde zu meiner Schulzeit in den Geschichtsbüchern nur am Rande erwähnt. Grauenvolle Menschenrechtsverletzungen, die ja mittlerweile historisch belegbar sind, wurden einfach totgeschwiegen.

Wenn ich daran denke, dass ich meine Jugend in der gleichen politischen Naivität verlebte, wie der Geiger Ilja, läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken. Im Nachhinein fallen mir einige unbedarfte Gespräche zwischen mir und meinen Freunden ein, die auch uns in fatale Situationen hätten bringen können. Und die Bedingungen, unter denen politische Häftlinge in der DDR untergebracht waren, hatten auch nichts mit Menschenwürde oder Menschenrechten zu tun.

So hat mich „Der Geiger“ von Anfang bis Ende in Atem gehalten. Das Ende fand ich sehr gut gewählt, da es für mich, als sehr gerechtigkeitsbedachten Menschen, einen Hoffnungsschimmer hinterließ. Komplette Wiedergutmachung für solche Verbrechen gibt es wahrscheinlich nie.

Ich möchte für dieses Buch eine 100%ige Leseempfehlung abgeben. Die Autorin hat mich mit ihrer Geschichte durch meine Herkunft sehr persönlich berührt.

Doch auch Leser, die in einem anderen politischen System aufgewachsen sind, sollten die darin behandelten Menschenrechtsverletzungen nicht kalt lassen. Und wenn sie die von der Autorin geschilderte Auflösung dafür als zu banal für solche Verbrechen empfinden, kann ich ihnen im Grunde und von der Logik her eigentlich nur zustimmen.

Das Paradoxe daran ist aber leider, dass die Autorin sich nichts aus den Fingern gesogen hat, sondern dass Menschen und ihre Familien in der Realität damals auch aus noch nichtigeren Gründen vernichtet wurden.

So bitterkalt - Johann Theorin



Ein Tag ohne Lesen ist für mich ein Tag ohne Entspannung!
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